Das Motto gab Trainer Francesco Continolo schon beim Trainingsauftakt im Juli 2021 bekannt. „Wir wollen zu einer echten Charaktermannschaft werden“, erklärte der 47-Jährige zu Beginn seiner ersten Saison als Cheftrainer der zweiten Frauen-Mannschaft. In diese startete nicht nur das Trainerteam unter neuer Führung, auch zehn Neuzugänge, darunter fünf aus der eigenen U17 und die meisten gerade einmal 16 Jahre alt, stießen zum Team, ihre allererste Saison in der 2. Frauen-Bundesliga vor sich. „Am Anfang hatte ich schon Respekt vor der Aufgabe. Zum einen trat ich in die Fußstapfen von Kim Kulig, zum anderen war die Rolle als Cheftrainer in unserem Trainerteam neu für mich“, erinnert sich Continolo. Vor allem aber sei da die Freude vor der Aufgabe gewesen. Alle im Team wollten zeigen, was sie können. „Mutig, kreativ und charakterstark“, nannte der Cheftrainer schon damals die Attribute seines Teams, den „jungen Wilden“, wie er sie taufte, die als zweitjüngstes Team der Liga in die Saison 2021/22 starteten.
Moral vom ersten Spieltag an
Erster Spieltag im September, Heimspiel gegen den 1. FC Ingolstadt, die Nervosität ist zu spüren. Zur Pause liegt die SGE II mit 0:1 zurück. Den Start in die Saison hätte man sich anders gewünscht. In der Halbzeitpause bleibt Continolo mit seinem Trainerteam trotzdem ruhig und vertraut auf die Moral seines Teams, das unbedingt den ersten Heimsieg will. Und so beweist die SGE II tatsächlich zum ersten Mal in der Saison ihre Comeback-Qualitäten. Nach 90 Minuten zeigt die Anzeigetafel einen 4:1-Sieg. Mission erfüllt.
Schon am zweiten Spieltag folgt in Nürnberg allerdings der nächste Dämpfer: Beim Aufwärmen zieht sich Abwehrspielerin Tomke Schneider einen Kreuzbandriss zu, mit einem Auswärtspunkt und gedrückter Stimmung geht es zurück nach Frankfurt. „Wir mussten uns erst einmal rantasten, der Anfang war durchaus eine Herausforderung. Aber wir haben uns immer besser gefunden und Vertrauen aufgebaut“, sagt Continolo.
Knappe Ergebnisse kurz vor der Pause
Auf einen deutlichen 6:1-Erfolg in Henstedt-Ulzburg folgen zwar Niederlagen gegen die Spitzenteams auf Leipzig und Duisburg, die jahrgangsgleichen Mannschaften aus Wolfsburg und Hoffenheim kann man hingegen besiegen. Als Team immer enger zusammenwachsend und von Beginn an auch alle Neuzugänge einbindend beweisen die Adlerträgerinnen mit knappen Ergebnissen vor der Winterpause, dass man in der 2. Frauen-Bundesliga mithalten und sogar in der oberen Hälfte mitmischen kann. 1:0- und 3:2-Siege über Gütersloh und Bocholt, ein knappes 1:2 gegen den Aufstiegskandidaten SV Meppen folgen. Einziger Wermutstropfen ist die 0:1-Niederlage gegen den SV Elversberg Mitte Dezember, durch den man eine gute Hinrunde nicht krönen kann.
Starke Hinrunde, stärkere Rückrunde
Auch wenn alle Beteiligten zufrieden mit der ersten Saisonhälfte sind, steckt noch viel Motivation im jungen U20-Team der Eintracht. „Wir haben richtig Bock, wieder auf Punktejagd zu gehen und alles aus uns herauszuholen, um uns im oberen Tabellendrittel festzubeißen. Wir wollen noch eine Schippe drauflegen“, lautete die Ansage von Continolo zum Ende der Winterpause. Und sein Team legt noch eine Schippe drauf.
Auf 20 Punkte in der Hinrunde folgt eine Rückrunde mit 23 Punkten, in der die Adlerträgerinnen acht Tore mehr und zwei Tore weniger kassieren. Nur zwei Spiele werden in der zweiten Saisonhälfte verloren, den Spitzenteams aus Leipzig und Duisburg knöpft man diesmal nach Rückstand noch einen Punkt ab – die Comebackerinnen schlagen mehrfach zu und spielen auch gegen die großen Teams mit Mut und Kreativität. Eine Serie von sechs Spielen ohne Niederlage lässt die SGE II bis auf den fünften Tabellenplatz klettern. Im Schlussspurt gibt es mit einem 8:2 in Bocholt und einem 4:1 über Elversberg den spektakulären Abschluss, die Comebacks von Emily Kraft und Michelle Hochstadt sowie Tomke Schneider am allerletzten Spieltag machen die Geschichte perfekt.
„Der Funke ist übergesprungen“
Platz fünf in der 2. Frauen-Bundesliga, bestes U20-Team der Liga, vierbeste Offensive, viertbeste Defensive und viertbestes Heimteam mit 35 Toren im eigenen Stadion. 15 verschiedene Torschützinnen trafen für die SGE II, nie war das Team schlechter als auf dem achten Tabellenplatz platziert, vier Spielerinnen wurden während der Saison zu U17-Europameisterinnen, die Neuzugänge Dilara und Ilayda Acikgöz, Linn Beck, Loreen Bender, Paulina Platner und Jella Veit wurden zu absoluten Leistungsträgerinnen, Lina Altenburg, Jessica Reiß, Sarina Fendrich und Franziska Sinclair sind die nächsten Schritte gegangen.
„Gratulation zur starken Saisonleistung“, findet Sportdirektor Siegfried Dietrich daher auch lobende Worte. „Die erste und zweite Mannschaft ergänzen sich hervorragend, kooperieren eng verzahnt und haben neben dem Teamerfolg auch die individuelle Entwicklung der Spielerinnen im Sinne unserer Philosophie und unserer strategischen Gesamtausrichtung im Blick.“ – „Der Funke ist übergesprungen“, fasst Continolo all diese Erfolge zusammen, auch wenn er selbst sich nach der erfolgreichen Saison vom Verein verabschiedet. „Es war nicht immer leicht, aber wir haben einen Charakter und einen Willen aufgebaut, der dem Team ins Fleisch übergegangen und uns erfolgreich hat werden lassen. Mutig, kreativ und charakterstark – das haben wir gelebt.“