Als der 1. FFC Frankfurt seine ersten Titel feierte – das Double 1999 – war sie eine der zentralen Gesichter und Persönlichkeiten, die Historisches erreicht hatte. Doris Fitschen, die, als sie als damals 27-Jährige nach Frankfurt zur SG Praunheim wechselte, die Erfolgsgeschichte des späteren 1. FFC als Spitzenspielerin und Nationalspielerin mit in die Wege leitete. Trotzdem sind die drei Titel in Frankfurt nur ein kleiner Ausschnitt aus der bemerkenswerten Geschichte, die Doris Fitschen bis zu ihrem Tod am Samstagmittag schreiben konnte, eine Geschichte, die den gesamten Frauenfußball, national wie international geprägt hat.
Bei ihrem ersten Verein im Frauenbereich, dem VfR Eintracht Wolfsburg, hatte sie 1990 den Frauen-Bundesligastart miterlebt und war mit ihren 16 Treffern in der Saison 1991/92 Toptorschützin der Nordgruppe. Beim TSV Siegen wurde sie von 1992 bis 1996 nicht nur zweifache Deutsche Meisterin, sondern gewann auch ihren ersten DFB-Pokal.
Schon früh als „weiblicher Beckenbauer“ betitelt füllte sie die Libero-Position in der Liga, aber auch international, auf einem Weltklasse-Niveau aus, geprägt von ihrer Präsenz, dem Stellungsspiel und dem großen Offensiv-Geist. Für die SG Praunheim beziehungsweise den 1. FFC Frankfurt absolvierte sie zwischen 1996 und 2001 insgesamt 49 Pflichtspiele und erzielte 29 Tore, wurde nicht nur Double-Siegerin, sondern gewann auch im Jahr 2000 erneut den DFB-Pokal in Frankfurt. Im März 2001 wechselte sie in die neu gegründete US-amerikanische Frauen-Profiliga WUSA zu Philadelphia Charge, wo sie ihre Vereinskarriere beendete.
Vier EM-Titel, eine Olympia-Medaille
Mit gerade einmal 17 Jahren debütierte Fitschen für die deutsche A-Nationalmannschaft, für die sie in den kommenden Jahren zur Identifikationsfigur werden sollte und einen großen Beitrag dazu leistete, den deutschen Fußball in der Weltspitze zu etablieren. Bei der Europameisterschaft 1989 feierte sie mit 20 Jahren als jüngste Spielerin im Kader den Titelgewinn. Drei weitere EM-Titel sollten in den Jahren 1991, 1997 – inklusive Wahl ins All-Star-Team durch die UEFA – und 2001 folgen, bei den Olympischen Spielen in Sydney gewann sie die Bronzemedaille und erhielt mit der Mannschaft dafür das Silberne Lorbeerblatt. Ihr 144. und damit letztes Spiel für die Nationalmannschaft bestritt sie im Juli 2001 beim EM-Finalsieg über Schweden.
Nach ihrer aktiven Karriere begann Doris Fitschen ihre Arbeit beim Deutschen Fußball-Bund. Von 2009 bis 2016 managte sie die deutsche Frauen-Nationalmannschaft, die in dieser Zeit die Europameistertitel 2009 und 2013 sowieso die olympische Goldmedaille 2016 gewann. Bei der Frauen-WM 2011 in Deutschland gehörte sie zum Führungsteam und verantwortete den Bereich Marketing. 2019 wurde die 144-fache deutsche A-Nationalspielerin in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen. Seit April 2022 war sie als Gesamtkoordinatorin für die Entwicklung und Umsetzung der Strategie Frauen im Fußball FF27 verantwortlich.
Siegfried Dietrich, bis Ende 2022 Generalbevollmächtigter der Eintracht Frankfurt Fußball AG und Sportdirektor Frauenfußball, sagt als ihr langjähriger Wegbegleiter: „Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich von Doris Fitschens Tod erfahren. Ich durfte als Manager der SG Praunheim und des 1. FFC Frankfurt sowie zeitweise als ihr persönlicher Berater Doris‘ Weg seit ihrem Wechsel 1996 nach Frankfurt begleiten und habe sie als großartige Persönlichkeit und Weltklasse-Fußballerin kennengelernt. Doris war bis zuletzt in ihren verschiedensten Funktionen beim DFB die richtungsweisende Initiatorin vieler Entwicklungen im deutschen und internationalen Frauenfußball, dem sie immer mit viel Herzblut verbunden war. Sie wird für immer eine Legende unseres Sports und ein Teil der großen Frankfurter Frauenfußball-Erfolgsgeschichte bleiben. Ich werde Doris als grandiose Spielerin, starke Macherin und wunderbaren Menschen vermissen, der leider viel zu früh von uns gegangen ist.“
Doris Fitschen ist am Samstagmittag, 15. März, nach langer schwerer Krankheit im Alter von 56 Jahren verstorben. Eintracht Frankfurt nimmt Abschied von einer Identifikationsfigur, unermüdlichen Antreiberin und Legende des Frauenfußballs und ist in Gedanken bei der Familie der Verstorbenen.
Ruhe in Frieden, Doris Fitschen!