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26.05.2022
Frauen Profis

„Diese Entwicklung macht mich stolz“

Siegfried Dietrich, Generalbevollmächtigter und Sportdirektor der Eintracht Frauen, spricht im Interview über gemeinsame Erfolge, Vereinsidentifikation und Wünsche für die kommende Saison.

Herr Dietrich, fassen Sie die Emotionen der vergangenen Tage und Wochen zusammen: Zuerst schaffen es die Adlerträgerinnen in ihrem zweiten Jahr, die Champions-League-Qualifikation am letzten Spieltag klarzumachen, dann gewinnen die Männer die Europa League und spielen ab Sommer ebenfalls international.

Emotional lassen sich die vergangenen Wochen kaum in Worte fassen. Erst der perfekte Saisonabschluss für uns mit dem Erreichen des dritten Tabellenplatzes, dann der grandiose Europapokalsieg unserer Männer – ein historisches Ereignis. Schöner hätte es nicht kommen können, das sind Emotionen und ein Drehbuch, das nicht besser geschrieben werden kann! Wir alle werden diese besonderen Momente und Bilder, sei es nach Abpfiff im Stadion am Brentanobad, in Sevilla oder rund um den Autokorso zum Frankfurter Römer, sicherlich nie vergessen. Dass nun in der kommenden Saison zwei Mannschaften sowie die mitqualifizierte U19 international spielen, ist historisch und eine riesige Chance für unsere sportliche Gesamtorientierung. Das schaffen nicht viele Vereine. Wir sind sehr stolz, unseren Teil dazu beigetragen zu haben, und solche Momente schon nach so kurzer Zeit der Zugehörigkeit für und mit unserer Adler-Familie erlebt haben zu dürfen.

Hat sich die Wahrnehmung nach den Erfolgen der beiden Teams noch einmal verändert und erhöht?

Ich denke, man kann mittlerweile sagen: Es gibt keinen Fußballbegeisterten in Deutschland und Europa, der Eintracht Frankfurt nicht kennt. Unsere Männer haben auf dem Weg zum Europa-League-Sieg und mit dem Pokal in den Händen eine Strahlkraft entwickelt, die es sonst nur bei den ganz großen Clubs gibt! Hinzu kommen die Sympathiewerte in Verbindung mit unserem sehr breit aufgestellten Verein, die für sich stehen! Aber auch wir haben in der vergangenen Saison unseren Wahrnehmungsradius enorm erhöhen und immer mehr Menschen für unseren tollen Offensivfußball begeistern können – nicht ohne Grund hatten wir den höchsten Zuschauerschnitt in der Bundesliga und am letzten Spieltag eine Rekordzuschauerzahl von 4520 Fans. In Sevilla wurde auf dem Fanfest auch unsere Frauenmannschaft von tausenden Fans gefeiert, die Spielerinnen werden auf der Straße erkannt. Die Eintracht-Anhänger sehen, dass wir für die gleichen Werte stehen wie die Männer: Mit Teamgeist, Mentalität und Qualität kämpfen wir mit dem Adler auf der Brust für unsere gemeinsamen Ziele. Und die gehen auch über den Fußball hinaus! Mit unserer Entwicklung ist Eintracht Frankfurt nun noch mehr zu einem richtungsweisenden Beispiel geworden, wie Männer- und Frauen-Profifußball unter einem Dach – und hier ist Barcelona aktuell in Europa ganz vorne dran – das Fußballkonzept der Zukunft ist.

Die Adlerträgerinnen haben zweifelsfreie den nächsten Schritt ihrer Entwicklung gemacht – wie stolz sind Sie als Sportdirektor auf die sichtbaren Erfolge des „Frankfurter Weges“, so eine Mannschaft gemeinsam mit Niko Arnautis geformt zu haben?

Diese Entwicklung macht mich vor allem deshalb stolz, weil sie Ausdruck der hervorragenden Arbeit ist, die geleistet wurde. Niko Arnautis hat es mit seinem Trainerteam in wenigen Jahren geschafft, aus jungen talentierten Spielerinnen eine gestandene Mannschaft zu formen, die eine eigene Spielphilosophie und Mentalität mit einem Siegergen entwickelt hat. Mit der Fusion im Sommer 2020 wurde der Grundstein gelegt, um gemeinsam Synergien zu nutzen. Dass wir nun bereits nach zwei Jahren und nach dem Erreichen des DFB-Pokalfinals 2021 den zweiten Erfolg mit dem dritten Tabellenplatz feiern können, ist herausragend! Was hier innerhalb kurzer Zeit aus dem inneren Kern heraus mit breit aufgestellter Qualität und Eigendynamik gewachsen ist, ist bemerkenswert und ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten, die sich durch ein starkes und professionelles Miteinander in einem Club wie dem unseren realisieren lassen. Hier gilt zum Ende der Spielzeit ein besonderes Dankschön natürlich unserer Vorstandsriege mit Sprecher Axel Hellmann, Sportvorstand Markus Krösche und Finanzchef Oliver Frankenbach. Aber auch dem gesamten Aufsichtsrat mit Philip Holzer an der Spitze, unserem Präsidenten Peter Fischer und allen Fach-Bereichen, die unseren Weg im Adler-Trikot zu einem gemeinsamen Erlebnis machen und viele unserer Spiele auch live im Stadion verfolgen.

Dass wir nun bereits nach zwei Jahren und nach dem Erreichen des DFB-Pokalfinals 2021 den zweiten Erfolg mit dem dritten Tabellenplatz feiern können, ist herausragend!

Sportdirektor Siggi Dietrich

Zahlreiche Spielerinnen haben mit vorzeitigen Vertragsverlängerungen ihre Treue bekundet – wie sehr ist die Eintracht ein Wohlfühlfaktor mit Blick auf sportliche Ziele?

Dass so viele Spielerinnen ihren Vertrag vorzeitig verlängert haben, hat eine wichtige Wirkung auf das Saisonfinale gehabt und ist ein starkes Zeichen, wie wohl sich unsere Adlerträgerinnen im Verein, in der Region und in der Mannschaft fühlen. Wir sind eine Familie – als Team und mit unseren tollen Fans. Die Identifikation der Spielerinnen mit dem Verein ist enorm groß, sie leben die Werte von Eintracht Frankfurt und profitieren auch für sich davon. Dieses Miteinander zeichnet uns als große Gemeinschaft aus und macht uns stark. Jede einzelne im Team hat einfach Lust, für unsere und damit auch für ihre Ziele zu leben!

Es gab viele weitere Verbesserungen auf allen Ebenen – an welchen Stellschrauben soll und muss noch gedreht werden, um die nächsten Schritte zu machen?

Dass wir unsere Sommervorbereitung sowie die letzten beiden Trainingswochen während des Saisonendspurts auf dem Trainingsgelände des Deutsche Bank Parks absolviert haben, und uns somit unter zusätzlich optimierten Trainingsbedingungen vorbereiten konnten, war ein weiterer Schritt in Sachen Professionalisierung, die wir stetig vorantreiben. Dafür haben wir im Verein nicht nur richtig gute Voraussetzungen, sondern auch die nötige Unterstützung von Markus Krösche und seinem Team. Es wäre natürlich großartig, wenn wir in der kommenden Saison mit Blick auf die UEFA Women’s Champions League aber auch in Sachen Highlight-Spiele in der Bundesliga auch wieder das eine oder andere Spiel im Deutsche Bank Park austragen könnten und die Möglichkeit für ein noch größeres Publikum öffnen.

Welche Chancen, aber auch welche Herausforderungen erwarten die Eintracht Frauen in Europa?

Da seit unserem Champions-League-Sieg 2015 als 1. FFC Frankfurt die Qualität in der europäischen Königsklasse nicht nur in der Spitze, sondern genauso auch in der Breite enorm gewachsen ist, erwarten uns, je nach Auslosung, möglicherweise gleich in der 1. Runde richtig große Herausforderungen. Schaut man sich an, wer in den anderen großen Ligen Dritter ist beziehungsweise werden wird, sieht man, welche namhaften Clubs durch das im vergangenen Jahr erweiterte und reformierte UWCL-Format die Champions League der Frauen bereichern. In der vergangenen Champions-League-Saison hat man eindrucksvoll gesehen, welche Wertschätzung und Aufwertung der Wettbewerb auch aus medialer Sicht erhalten hat. Wir freuen uns riesig, uns international mit den besten Teams messen zu können und ein Teil dessen zu sein. Wir wollen die Chance nutzen, den Weg so weit wie möglich zu gehen und unsere Eintracht mit unserem Fußball international zu präsentieren.

Wie ist unser Erstligateam für die kommende Saison sportlich aufgestellt? Wird es neben den vielen Vertragsverlängerungen und der Neuverpflichtung von Torhüterin Stina Johannes weitere Zugänge geben?

Wir freuen uns sehr, dass wir unsere Mannschaft in der in den vergangenen Jahren gewachsenen Größe zusammenhalten werden – das ist definitiv keine Selbstverständlichkeit, da einige Spielerinnen durch ihre großartigen Leistungen auf sich aufmerksam gemacht und auch international Begehrlichkeiten geweckt haben. In der Winterpause konnten wir uns ja bereits mit Nationalspielerin Sara Doorsoun und Anna Aehling für die Abwehrformation verstärken und zur neuen Saison dürfen wir  außerdem auf die Rückkehr von Virginia Kirchberger und Camilla Küver hoffen. Entsprechend sind wir schon jetzt auf allen Positionen qualitativ wie quantitativ gut aufgestellt und haben volles Vertrauen in unser großartiges Team. Klar, dass wir trotzdem genau analysieren, wo und inwiefern wir uns punktuell noch verstärken können. Wie immer halten wir die Augen offen – und dazu bietet ja auch die nahende EM ein großes Schaufenster. Wir wollen so schlagkräftig wie möglich in die neue Saison starten und auch für die Zukunft so frühzeitig wie möglich die eine oder andere Weiche stellen.